Bitterwasser - wo Träume fliegen lernen

Max durfte für elf Tage nach Bitterwasser zum Segelfliegen. Er berichtet über seine Erfahrungen im Paradies.

Die Bitterwasser-Pfanne in ihrer vollen Größen
Die Bitterwasser-Pfanne in ihrer vollen Größen

Ohne übertreiben zu wollen behaupte ich, dass so gut wie jeder Segelflieger schon einmal davon geträumt hat, in Namibia zu fliegen. Bitterwasser stand für mich ganz persönlich oben auf der to-do-Liste nach meinem Studium. Wie schnell dieser Wunschtraum aber Realität werden kann, hätte ich mir allerdings nicht vorstellen können. 

Samstag, 03. Dezember 2016, 09:30 Uhr: Ich liege noch etwas verschlafen in meinem Bett, als ich auf mein Handy schaute. Eine Nachricht von Wilfried Großkinsky: „Hallo Max, wie spontan bist du? Kannst du nächste Woche nach Bitterwasser kommen – ich würde dich gerne einladen.“ WAAAAAAS? Ich war selten so schnell so wach und auf den Beinen wie an diesem Samstagmorgen. 

Das, was an den darauffolgenden drei Tagen alles organisiert werden musste, würde jeglichen Rahmen einer Berichtserstattung sprengen, aber:

Am Mittwochabend, 08. Dezember 2016 um 20:10 Uhr saß ich im Airbus in Richtung Windhoek und am folgenden Tag um 10 Uhr bereits bei einer Tasse Kaffee in Bitterwasser - verrückt! 

Was dann geschah, hat meinen Traum von der Fliegerei in Namibia noch mal getoppt - mehrfach. An allen von den möglichen neun Tagen bin ich geflogen, davon an sieben (!) Tagen jeweils über 1100 Kilometer. 

Mit Matthias Arnold (Gewinner des Bitterwasser Cup´s, 21 Jahre, aus Weinheim), tauschte ich jeden Tag zwischen dem Co-Pilotensitz der „2i“ (ASH 25 EB 28) und der „DS“ (Ventus 2cxm). 

Der ganz normale Wahnsinn

Während die ersten beiden Tage verhältnismäßig „schwach“ (910 und 820 Kilometer) waren, zeigte sich Namibia am dritten Tag von seiner besten Seite. Ab da sollte die 7er Serie beginnen. Eingeläutet wurde sie von einem Flug von über 1200 Kilometern zusammen mit Wilfried in der 2i. 

Tags drauf durfte ich wieder das Wasser in die DS kippen und Platz nehmen – Wohlfühlfaktor 100! Der Flug ging über die atemberaubende Landschaft erst 350 km in den Südosten bis nach Südafrika, dann nach einer leichten Unschlüssigkeit in den Westen von da aus in den Norden bis an die Grenze der labilen Luftmasse, an Mariental vorbei nochmal in den Südosten. Dann begann die große Rechnerei… Nur noch eine Stunde bis Sonnenuntergang und es fehlten noch 175 km für die 1300 km – dazu benötigte ich noch einen Bart von über 2,5 m/s auf circa 4500 m MSL (auf das 145 km entfernte Bitterwasser hatte ich bereits genügend Reserven). Ich flog etwas links vom Kurs eine Wolke an, das Vario schlug aus auf ein bis zwei Meter – noch zu wenig für mein Vorhaben. Ein, zwei leichte S-Kurven, der Schwanz hob sich, das Vario blieb allerdings bei 1,5 m/s stehen… „Hier muss er stehen, warum sollte das hier anders sein als zu Hause!?“ Und dann kam er: Mit fast 3,8 m/s stieg ich  auf 4700 m MSL. „Wenn ich mich jetzt nicht verrechnet habe, dann passt es.“ - „DS, right base, runway 09 left, gear down and locked“. Ich hatte es geschafft – 1300 km im reinen Segelflug, mein erster 1000er überhaupt, ein Wahnsinns Gefühl!  

An den verbleibenden 5 Tagen sollte es so weiter gehen: Mit dem Ventus knackte ich die 1000 km-Marke weitere zwei Mai, mit Wilfried in der 2i sogar noch drei Mal. 

Dabei war jeder einzelne Flug ein ganz besonderes Highlight: Die außergewöhnlich spektakulären Lichtverhältnisse am 15. Dezember inkl. der Landung 10 Minuten vor einem Sandsturm oder der wohl beste Tag den es seit vielen Jahren in Namibia gab waren nur einige davon. Matze ist es an diesem letzten Tag gelungen 1440 Kilometer zu fliegen - die Stimmung an dem Abend war ausgelassen und wurde somit der Situation mehr als gerecht... ;-).

Geschafft, das erste 1000er ist im Sack
Geschafft, das erste 1000er ist im Sack

wie es sonst so war...

Naturschauspiel aus der Luft
Naturschauspiel aus der Luft

Wie hat man sich so einen „ganz normalen Tag“ auf der Bitterwasser-Ranch eigentlich vorzustellen? Nachdem offiziellen Briefing, welches stets nach einem ausgiebigen Frühstück stattfand, sammelte sich meist eine kleine Menschentraube um den Notizblock von Wilfried. Die Strecke und der Startzeitpunkt wurden besprochen, mögliche Optionen vermerkt und dann ging es auch schon in Richtung Pfanne. Den Ventus hatten Matze und ich jedes Mal schon vor dem Frühstück fertig gemacht - so hatten wir an keinem Morgen Hektik und konnten immer fokussiert in den Tag starten. 

In den wenigen Tagen vor dem Trip habe ich mir natürlich unendlich viele Gedanken über Außenlandemöglichkeiten, Wetterverhältnisse, Zeitmanagement vor dem Sonnenuntergang und den allgemeinen Ablauf gemacht. Es mag in vielen Dingen stimmen – die Fliegerei ist eine andere als zu Hause. Aber wenn man sich an bestimmte Regeln hält, dann fällt einem viel „Last“ von den Schultern. Beispielsweise habe ich mir die „sicheren“ Außenlandefelder im Oudi markiert und hatte immer auf mindestens zwei dieser Optionen 600 m Plus. Auch bei den Ankunftszeiten habe ich mit einfachen Tricks gearbeitet: Der Rechner lief immer mit MC 1,5, was mir einen großen Sicherheitspuffer verschaffte. Die Wetterverhältnisse waren in unserem Zeitraum zwar relativ einfach, aber auch wir hatten mal gewittrige Tage. An denen durfte man sich einfach nicht die Optionen nehmen lassen und musste immer einen Schritt weiter denken, so hatte man auch unter den etwas schwierigeren Bedingungen jede Menge Spaß und flog immer auf der sicheren Seite.

Hervorragend ist auch der Service und die Freundlichkeit des Bodenpersonals in Bitterwasser: So machten alle Beteiligten (auch hinter der „offiziellen“ Kulisse) einen sehr zufriedenen Eindruck. Meine Befürchtung, dass ich als noch recht junger Pilot, welcher von der Förderung profitiert, möglicherweise von den anderen Pilotinnen und Piloten „schief“ angeguckt werden könnte, hat sich bereits am ersten Abend zerstreut – und das komplette Gegenteil war der Fall. Die Stimmung war zu jeder Zeit sehr herzlich und die beteiligten Piloten freuten sich miteinander über die Erfolge der anderen - dies wurde noch getoppt von einer grandiosen Hilfsbereitschaft und humorvollen Gespräche am Abend. 

Danke

Ein herzlicher Dank gilt der gesamten Bitterwasser Crew – hier wird alles mit Kopf, Herz und Verstand gemacht. 

Mit Matze hatte ich einen „Tauschpartner“ der besonderen Art: Unser Umgang miteinander hätte besser nicht laufen können, wir haben uns jeden Flug gegenseitig bis ins kleinste Detail gegönnt und auch die kleinen auftretenden Schwierigkeiten mit großem Humor gemeistert - Merci!

 

Wie groß mein Dank an Wilfried ist, lässt sich kaum in Worte fassen. Das, was er den Junioren in Bitterwasser ermöglicht, ist wirklich sagenhaft! Gerade weil sich seine Förderung nicht nur auf die Kosten „beschränkt“, sondern die eigentliche Fliegerei in den Mittelpunkt stellt. Jeder einzelne Flug wird in konstruktiver Teamarbeit gemeistert und genau das macht die Flüge in der 2i für beide Seiten zu einem unvergesslichen Erlebnis. 

So möchte ich ihm, auch im Namen von Matze, an dieser Stelle noch einmal unseren herzlichen Dank aussprechen - es war einfach nur großartig und unbeschreiblich - DANKE! 

Fotos

Einige Fotos aus Bitterwasser könnt ihr hier sehen.

Max Mensing

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